Die heutigen Klipper, Aken und Tjalken sind die letzten Überbleibsel aus einer Zeit, als diese Schiffe regelrecht in Kolonne auf dem Rhein fuhren. Um 1870 entwickelte sich an der Ruhr die Schwerindustrie. Anfangs sorgten (Keen-) Aken aus Holz für den Transport von Getreide oder Erz zu u.a. Krupp stromaufwärts und brachten fertige Eisenprodukte, Kohle und Briketts wieder rheinabwärts.
Schwere Ladung
Für ein Holzschiff war Erz eine schwierige Ladung und für Getreide brauchte man ein dichtes Schiff. Seit 1840 wurden die ersten Schleppschiffe aus Eisen gebaut. Eigner von Segelschiffen schauten sich diese Entwicklung erst noch abwartend an; ab 1880 baute man die ersten Segelfrachtschiffe aus Eisen. Die Schiffe mussten gegen den Strom rheinaufwärts und brauchten dafür eine höhere Takelage.
Das älteste, noch fahrende Schiff aus Eisen ist die La Bohème und stammt aus 1876 (siehe Interview mit Eigner Leon van der Loo). Die schön geformte Stevenaak gibt beispielhaft die Geschichte der Plattbodenschiffe wieder, die in den Niederlanden noch segeln.
Wohnboote als Tradition
Viele ihrer Art fielen der Motorisierung, der steigenden Nachfrage nach mehr Laderaum sowie dem Gütertransport auf Schiene und Straße zum Opfer und wurden verschrottet. Einige dieser Schiffe sind zum Glück erhalten geblieben; denn in den Niederlanden haben Wohnboote Tradition. Die ehemaligen Frachtschiffe waren günstig, mit ein wenig handwerklichem Geschick konnte man im Laderaum großzügiges Wohnglück schaffen und entlang der Grachten, Flüsse und Seen standen beinahe uneingeschränkt Liegeplätze zur Verfügung.
Altes Handwerk boomt
Mancher Wohnbootbesitzer wollte mehr als nur die Aussicht auf die Gracht genießen. Die Segeleigenschaften der Schiffe hatten sich in der Vergangenheit bewiesen, schwer beladen kamen sie segelnd gegen den schweren Rheinstrom an. In Vergessenheit geratenes Handwerk erwachte zu neuem Leben dank neuer Kundschaft. Die Herstellung von Masten und Taublöcken, das Schmieden und Nieten von Eisen erfreute sich wachsender Nachfrage. Segeltuchmacher bildeten sich weiter im Entwerfen und Verarbeiten von Segeltuch aus leichtem Dacron statt schwerer Baumwolle.
Auch andere Menschen wollten die Schönheiten, die die niederländischen Gewässer zu bieten hatten, erleben. In den 1960er und 70er Jahren vermietete mancher Eigner sein Schiff an Passagiere, das Schiff erneut mit Mast und Segeln getakelt. Mit langfristigen Folgen… Die Niederlande übt(e) auf viele Deutsche eine starke Anziehungskraft aus: grenznah, gemütlich und ein weitläufiges, abwechslungsreiches Wassersportgebiet. Die traditionellen Segelschiffe, inzwischen mit heutigem Komfort ausgestattet, erfahren die meiste wirtschaftliche Auftriebskraft von ihren deutschen Nachbarn. Willkommen an Bord!